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Meistens verbindet man mit dem Begriff „Gut“ das Hauptgebäude des Gutes. Von der baulichen Seite her ist es aber falsch das damalige Hauptgebäude als Gut zu bezeichnen. Man muss den ganzen Gutshof eher als Gutsensemble betrachten, das außer Hauptgebäude noch Nebengebäude, umgebenden Park, verbindende Wege, Zäune, Teiche und vieles andere – zusammengefasst die ganze Landschaft – beinhaltet.

In einem typischen Rittergut dominierte das Hauptgebäude bzw. Herrenhaus, das in der Landschaft an die günstigste Stelle gebaut wurde, in der Regel auf einen kleinen Hügel oder auf einen Abhang. Der ganze Gutshof wurde dann anhand der Lage des Hauptgebäudes gestaltet und gebaut. Das Herrenhaus wurde meistens so errichtet, dass man bei dem Haus deutlich Vorder- und Hinterseite, d.h. Hof- und Parkseite unterscheiden konnte.

Der Haupteingang befand sich meistens an der Vorderseite des Gebäudes und vor dem Eingang befand sich ein Rundweg (sog. „Ehrenrunde“), dessen Durchschnitt von einigen Dutzenden bis zu einigen Hunderten Metern betrug. Der Rundweg hatte abgesehen davon, dass es prächtig und stilvoll war, auch eine praktische Funktion zu erfüllen – es ermöglichte, mit der Kutsche direkt vor die Treppe des Hauptgebäudes zu fahren, so dass man die andere Hälfte des Rundwegs gleich zum Weiterfahrt benutzen konnte. Im Gegensatz zu den modernen Autos konnte man mit Kutschen, an denen mehrere Pferde angespannt waren, nicht rückwärts, sondern nur vorwärts fahren.

An den Seiten des Rundwegs befanden sich meistens zwei wichtige Wirtschaftsgebäude: Kleete und Stall. Sie waren in Bezug auf das Hauptgebäude oft, aber nicht immer symmetrisch gelegen und die Fassaden ähnelten einander. Im Kleete wurde Getreide – der wichtigste Ertrag des Gutes als Wirtschaftseinheit – aufbewahrt. Im Stall wurden dagegen Verkehrsmittel des Gutsbesitzers untergebracht – Kutschen, Schlitten und Pferde.

Auch andere Nebengebäude befanden sich meistens in der Nähe des Kleetes und des Stalls: Verwalterhaus, Arbeiterhaus, Viehstall, Molkerei usw. Die Gebäude, in denen offenes Feuer benutzt wurde (Riege, Schmiede und auch Trocknung), wurden wegen des Feuerschutzes entfernter gebaut, obwohl die Trocknung oft auch mit dem Kleete verbunden war. In reicheren und größeren Gutshöfen existierten insgesamt 10 bis 20 Wirtschaftsgebäude, die unterschiedliche Funktion zu erfüllen hatten.

Da die Vorderseite eines Gutes meistens eine wirtschaftliche Funktion zu erfüllen hatte –Gebäude mit Wegen verbunden, dazwischen auch Bäume – befand sich meistens an der Hinterseite des Hofes ein großer Park. In der Regel befanden sich an der Hinterseite des Gutes keine Wirtschaftsgebäude; die einzigen Errichtungen waren Garten- und Parkpavillons, Gartenlauben, Teiche mit Brücken usw. Wenn der Eingang an der Vorderseite des Gutes gewöhnlich mit einer festlichen Tür oder einem Portikus dekoriert wurde, befanden sich an der Parkseite des Gutes meistens breite Treppen, Terrassen, Balkons und Veranden. Wenn die Landschaft es ermöglichte, wurde das Gebäude so geplant, dass die Hinterseite in den Süden oder in eine andere Richtung zeigte.

Im 18. Jh. wurden Parks im französischen Stil aufgelegt. In diesen Parks ist sowohl die Landschaft (in Form von künstlichen Terrassen) als auch das Anlegen des Wegenetzes und der Bäume streng geometrisch, dabei die Zentralachse des Hauptgebäudes im Auge behaltend (z.B. in den Gutshöfen von Väätsa/Waetz und Loodi/Kersel ). Im 19. Jh. wurden meistens Parks im englischen Stil aufgelegt, die frei gestaltet werden konnten. Damals wurden sehr oft Parks im französischen Stil nach dem Prinzip des englischen Parks erweitert.

Das gesamte Gutsensemble mit Vorder- und Hinterseite war meistens mit einem Zaun umgeben: in vielen Ortschaften waren es meterhohe Mauer, in manchen aber auch schöne Holzzäune. Darüber hinaus wurde auch die Vorder- bzw. Wirtschaftsseite sowie Hinter- bzw. Parkseite mit einem Zaun oder Mauer voneinander getrennt. Wegen Wildtiere war es in den früheren Jahrhunderten unumgänglich, damit sie keinen Zugang zum Gelände hatten, später diente der Zaun aber dazu, um den Gutshof vom übrigen Gelände zu trennen, auch wegen unerwünschter Gäste.

An Stellen, in denen der Weg zum Hof durch den Zaun verlief (gewöhnlich gegenüber dem Hauptgebäude, an der Gegenseite des Rundwegs), wurde ein Tor errichtet. In einfacheren Fällen handelte es sich dabei um Torpfosten, in mehreren Fällen wurden an der Stelle sogar spezielle Torgebäude (z.B. in den Gutshöfen von Kolga/Kolk und Võhmuta/Wechmuth ) oder vornehmliche Tortürme (z.B. in Sagadi/Saggad, Sutlema/Sutlem und Alatskivi/Allatzkiwwi ) errichtet.

Ohne fließendes Wasser kamen die meisten Gutshöfen in Estland nicht zurecht. Man versuchte die Güter in Ortschaften zu errichten, die am Ufer eines Flusses oder Sees waren. In diesem Fall wurde das Hauptgebäude so gebaut, dass das Wasser an der Parkseite blieb. Flüsse und Seen wurden deswegen oft angestaut oder auf eine andere Weise künstlich verändert. Falls es nicht möglich war, das Haus am Ufer eines Flusses zu bauen, hat man versucht, Flüsse mit Hilfe von künstlichen Flussbetten und angestauten Teichen durch Hofparks zu führen. Falls auch dies nicht möglich war, wurden bei Gelegenheit künstliche Teiche in den Parks angelegt. Es gab nahezu kein ansehnliches Gut ohne fließendes Wasser; Teiche wurden sogar zwischen Nebengebäude und in die Mitte des Rundweges vor dem Hauptgebäude angelegt.

Die Entwurfzeichnungen eines Gutes beinhalteten oft die Wege. Sehr oft wurden die Wege, die ins Herzen der Gutshöfe führten, begradigt. Die Wege führten direkt zur Zentralachse des Gutes oder zum Rundweg, der vor dem Haus angelegt war. Oft wurde aus solchen geraden Wegen eine schöne Allee gestaltet.

Die oben beschriebene Anlage (abgesehen von dem Reichtum des Besitzers) eines Gutsensembles war in Estland (auch in alle Alt-Livland) typisch und viel vertreten. In einem reichen und großen Gut war das Ganze einfach ansehnlicher und vornehmer, in einem kleineren Gut bescheidener und kleiner. Natürlich kamen bei den genannten Regeln aber auch viele Ausnahmen vor: oft befand sich der Park an der Seite des Hauptgebäudes (in Väätsa/Waetz und Lohu/Loal ) oder es gab keinen bemerkenswerten Park. Genauso konnten sich die Wirtschaftsgebäude an der Hinterseite des Hauptgebäudes befinden (in Einmanni/Korps ) oder sie bildeten sogar mit dem Hauptgebäude zusammen eine Einheit (in Hulja/Huljal ) oder sie standen in mehreren separaten Komplexen. In einigen Gutshöfen befinden sich auch mehrere in unterschiedlichen Zeiten gebaute Hauptgebäude mit eigenen Rundwegen (in Kumna/Kumna, Vihula/Fiol und Tähtvere/Techlefer ).

Heutzutage können wir fast keine Gutshöfe, die ihre echte und unberührte Form beibehalten hätten, vorfinden – die meisten von ihnen sind umgebaut und verändert worden. Die Ursache dafür können wir aus dem Jahr 1919 finden, in dem die Gutshöfe des baltischen Adels enteignet wurden. Dadurch gelangten Teile und Gebäude des Gutsensembles in private Hände. Sie wurden viel umgebaut und als Wohnhäuser der Neusiedlerhöfe benutzt. Neue Gebäude, Zäune, Hecken usw. wurden in Zentrum der Gutshöfe errichtet. So sind z.B. die Gutshöfe in Uue-Harmi/Neu-Harm, Tuhala/Toal, Uugla/Udenküll, Vanamõisa/Altenhof (Kirchspiel Kirbla/Kirrefer), Sutlema/Sutlem und anderswo so viel umgebaut und verändert worden, dass man damalige Vornehmheit und Harmonie kaum noch erkennen kann.

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Übersetzung © 2006 Verband estnischer Diplom-Konferenzdolmetscher und Übersetzer
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